Über uns

Unter dem BMBF-Programm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ soll das Vorhaben Proteins4Future eine Modellregion für nachhaltige Wertschöpfung durch pflanzliche Proteinquellen im Spannungsfeld von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft schaffen. Es handelt sich hierbei um eine thematisch-funktionelle Modellregion im Bereich Havelland-Fläming-Spreewald, die bereits heute, im deutschlandweiten Vergleich, führend im Anbau von Leguminosen ist. Das Innovationspotential liegt darin begründet, dass alle relevanten Bereiche, welche sich an den Leguminosen-Anbau anschließen, durch eine bewusst gestaltete regional-funktionelle Kopplung profitieren und somit die gesamte Wertschöpfungskette unterschiedlicher (Produkt-) Branchenfelder und deren Querschnittstechnologien adressiert wird.

Pflanzliche Proteine gewinnen zunehmend an Bedeutung und finden Anwendung in vielen Branchenbereichen; Antrieb für den Pflanzenprotein-Markt ist insbesondere auch die gestiegene Nachfrage nach veganen Nahrungsmitteln, einen hohen Wettbewerbsgrad und der Verwendung von Pflanzeneiweiß in einer Vielzahl von Nahrungsmittelprodukten.

Der europäische Pflanzenprotein-Markt verzeichnet dementsprechend ein stetiges Wachstum: Während die Einnahmen 2017 ca. 1,6 Mrd. € betrugen, wird mit einem Anstieg auf 2,4 Mrd. € bis 2023 gerechnet (Wachstumsrate 7,4% p.a.).

Die Diskussionen in der Öffentlichkeit um Klimawandel, Rohstoffknappheit und Nachhaltigkeit der letzten Jahre stehen ebenfalls in direkter Verbindung mit dem Vorhaben. Nicht minder wichtig sind Fragen in Bezug auf die konventionelle Herstellung von Agrarprodukten und Lebensmitteln. In diversen Medien wird diese Materie tagtäglich behandelt, analysiert und dargestellt. Das steigende Interesse der Öffentlichkeit zeigt sich in Teilen der Bevölkerung durch oftmals durch Änderungen im Konsum- oder Mobilitätsverhalten. Die erhöhte Nachfrage nach regionalen und Bio-Produkten lässt sich unter anderem darauf zurückführen. Seit dem Jahr 2000 haben sich die Umsätze mit Bio-Lebensmitteln knapp verfünffacht – von zwei Milliarden Euro auf fast 10 Milliarden im Jahr 20161.

Eiweißpflanzen (z. B. Leguminosen) sind jedoch nicht nur Lieferanten für attraktive Produkte, sondern sind ebenfalls sehr wichtig als Baustein für eine nachhaltigere Landwirtschaft wegen ihrer Eigenschaft, Luftstickstoff zu fixieren und den Boden mit Nährstoffen anzureichern. Diese Pflanzenarten leisten demnach einen bedeutenden Beitrag für eine umwelt- und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Im Gegensatz zu ihrer Bedeutung für die Landwirtschaft und als wertvolles Produkt für unterschiedliche Anwendungen „…hat der Leguminosen-Anbau in Deutschland aufgrund seiner geringen Wettbewerbsfähigkeit bis 2013 stetig abgenommen. Die Gründe dafür waren vielfältig: Sie reichen von höheren physischen und monetären Erträgen bei den Konkurrenzkulturen Getreide, Mais, Zuckerrüben und Raps über ein komplexeres Anbaumanagement, stärker schwankenden Erträgen, mangelnden Vermarktungs- und Aufbereitungsmöglichkeiten bis hin zum agrarpolitischen Förderrahmen“2. So werden derzeit etwa 70% des für den deutschen (und europäischen) Markt benötigten Pflanzenproteins über Importe aus dem Ausland abgedeckt, lediglich 30% werden auf heimischen Äckern erzeugt.

Deshalb haben die Länder Europas eine Proteinstrategie erarbeitet, um durch die Förderung des Anbaus von proteinhaltigen Pflanzen eine schrittweise Unabhängigkeit von Protein-Importen zu erreichen. Dieser Strategie folgend hatte auch u.a. das BMEL 2012 eine Eiweißpflanzenstrategie3 herausgegeben, unterstützt vom Positionspapier des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter, des Deutschen Bauernverbandes und der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen4 sowie der DAFA Forschungsstrategie5, um auch in Deutschland durch den vermehrten Anbau von Leguminosen den Sojaimport zu reduzieren und die Ökosystemleistungen zu erhöhen.

Ob Agrarwirte sich für den Anbau von mehr Leguminosen entscheiden, hängt nur vordergründig von den Marktchancen, Züchtung neuer Sorten und der Ertragsstabilisierung ab. Denn um eine grundlegende Änderung in der Produktion von Leguminosen in der Region, in Deutschland und in Europa zu erreichen, muss das Thema wesentlich weiter gefasst werden und erfordert ein grundlegendes Umdenken in der Gestaltung von Wertschöpfungsketten, um Leguminosen von Nischenprodukten zu Mainstream-Produkten zu machen. In der Region, in Deutschland und in ganz Europa ist zu verzeichnen, dass die Anbauflächen und Produktionsmengen an Leguminosen nicht so gewachsen sind wie prognostiziert6. Ein wesentlicher Grund für die derzeitige Limitierung ihres Anbaus ist in dem Fehlen von effizienten Wertschöpfungsketten zum Schließen der Proteinlücke zu sehen. Dieser Beobachtung wurde in verschiedenen Strategiepapieren Rechnung getragen, die eine enge Verknüpfung von Proteinpflanzenproduktion mit der weiteren Verwertungskette fordern (u.a. DAFA und BDP 2012, Watson et al. 2017).

An dieser Stelle setzt die Initiative Proteins4Future an und entwickelt Strategien und Lösungsansätze, um diese Lücke zu schließen und in einem regionalen Ansatz Erzeuger von Pflanzenproteinen mit der verarbeitenden Industrie im Food, Feed und Non-Food-Bereich zu verknüpfen.

Das Proteins4Future-Konsortium ist ein breit angelegtes regionales Bündnis unterschiedlichster Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, die gemeinsam Innovationsfelder entlang der Wertschöpfungskette von pflanzlichen Proteinquellen identifizieren und mit neuen strategischen Ansätzen das vorhandene Innovationspotential der Region über den gezielten regionalen Wandel in die Zukunft überführen.

In Proteins4Future werden Projektideen entwickelt, welche modellhaft demonstrieren, dass durch eine direkte Kopplung von landwirtschaftlicher Erzeugung mit der wirtschaftlichen Verwertung von Pflanzenproteinen regionale Wettschöpfungsketten geschlossen werden können und dadurch der Anbau von Leguminosen an Attraktivität gewinnt. Mit Erfolg dieser Modellprojekte kann darüber hinaus auch dem Anspruch der Verbraucher nach Regionalität ihrer Produkte Rechnung getragen werden.

Quellen

1  Statista (2018): Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2017, (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/4109/umfrage/bio-lebensmittel-umsatz-zeitreihe 31.01.18)
2 https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Pflanzenbau/Ackerbau/_Texte/Eiweisspflanzenstrategie.html
3 http://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Pflanzenbau/Ackerbau/_Texte/Eiweisspflanzenstrategie.html 2012
4 „Eiweißstrategie“ – Gemeinsames Positionspapier des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter (BDP), des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (Ufop). 2012.
5 Fachforum Leguminosen. Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft – Ökosystemleistungen von Leguminosen wettbewerbsfähig machen. Forschungsstrategie der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA). 2012.
6 Watson et al. 2017